Standard Austria OE-0662


     Standard Austria   OE-0662

Standard Austria / Bj. 1962 / W-Nr. 13

Entstehungsgeschichte

Bei der Segelflugweltmeisterschaft des Jahres 1960 in Köln/Butzweilerhof sorgte besonders eine Konstruktion für sehr große Aufmerksamkeit: die „Standard Austria“ des jungen österreichischen Konstrukteurs – Ingenieur Rüdiger Kunz (∗  1926 in Stockerau, † 2013 in Bad Vöslau) – der übrigens später maßgeblich am Eurofighter-Projekt beteiligt war. Dieser Hochleistungssegler wurde mit dem OSTIV-Preis für das beste Segelflugzeug der Standardklasse ausgezeichnet.

Die Ausschreibungen der damals noch neuen Standardklasse verlangten Segelflugzeuge mit maximal 15 Meter Spannweite ohne auftriebserhöhende Klappen, ohne Wasser- oder sonstigen, abwerfbaren Ballast und ohne Einziehfahrwerke.

Der einsitzige Segler für die FAI-Standardklasse wurde von Ingenieur Rüdiger Kunz im Auftrag des Österreichischen Aero-Clubs konstruiert. Die Standard Austria genannte Maschine wurde als Mitteldecker mit 15 m Spannweite und einem gepfeilten Pendel-V-Leitwerk ausgelegt. Der Bau erfolgte überwiegend in einer Sperrholz- Schalenbauweise. Glasfaserkunststoff -Bauteile kamen beim Rumpfvorderteil, dem Rumpfheck und den Tragflächenrandbögen zum Einsatz.

Der Einsatz der Standard Austria war schon für die Weltmeisterschaft 1958 in Polen geplant, der Bau verzögerte sich jedoch und der Erstflug konnte dann erst im Juli 1959 erfolgen. Der in Hellelfenbein lackierte Prototyp trug beim Erstflug die Kennung OE-0410. Die ersten Serienflugzeuge aus der Produktion der Zentralwerkstatt des Österreichischen Aero Clubs hatten einen etwas längeren Rumpf und das Leitwerk wurde ohne die markante Pfeilung ausgeführt. Mit den Piloten Hans Resch und Johann Fritz (OE-0465) waren zwei Standard Austria bei der Segelflug Weltmeisterschaft 1960 in Köln vertreten. Schon am ersten Wettbewerbstag gelang Resch mit seiner Standard Austria (OE-0496) ein großartiger Tageserfolg, als er beim Zielflug mit Rückkehr den Mitbewerbern davonflog. Die österreichischen Piloten hatten wenig Trainingszeit mit ihren Standard Austria sonst wäre vielleicht mehr herausgekommen als ,,nur“ ein bester 7. Platz in der Gesamtwertung unter den 35 Teilnehmern.

Die Besonderheit der Standard Austria liegt nicht nur an ihrer vollendeten Formgebung sondern es sind die inneren Werte, die diesen Segler letztendlich auszeichnen. Für höhere Leistungen, besonders im Schnellflug, bieten sich dem Konstrukteur Laminar-Tragflächenprofile an. Diese setzten beim Tragflächenbau aber eine optimale Profiltreue voraus, die auch möglichst über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben sollte. Eine Vorgabe, die beim Holzsegelflugzeugbau nicht leicht zu erfüllen ist. Beim herkömmlichen Tragflächenbau ist ein Einfallen der Beplankung zwischen den Rippen kaum zu vermeiden und nach einiger Zeit im Flugbetrieb ist man da von einer optimalen Profiltreue weit entfernt.

Die Berechnungen von Rüdiger Kunz ergaben, dass mit dem Laminarprofil NACA 652-415 noch gute Schnellflugleistungen zu erzielen waren. Es musste nur noch ein Weg gefunden werden, die erforderliche hohe Baugenauigkeit des Tragflügels in die Tat umzusetzen. Konstrukteur Kunz schwebte ein selbsttragender Flügel vor, so ließ sich Holmgewicht einsparen und dafür die Sperrholzbeplankung dicker ausführen. Aufgrund dessen konnte schon im Rohbau die Welligkeit der Tragfläche in einem erträglichen Rahmen gehalten werden. Dieser Flügelaufbau, indem die Holzschale weitgehend zur Aufnahme der Kräfte herangezogen wird, erforderte eine Reihe von aufwändigen Versuchen, die etwa zwei Jahre zeit beanspruchten. Letztendllch zeigten die Versuche und studien, dass die Tragfläche der Standard Austria in der gewünschten schalenbauweise erstellt werden konnte.

Die fertige Sperrholz-Schalenfläche zeigte bei Belastungsversuchen, dass sie allen theoretischen Festigkeitsberechnungen entsprach. Bei Bruchversuchen waren bis unmittelbar vor dem Bruch keine größeren Verformungen an der Fläche zu erkennen. Von größtem Interesse war natürlich die Frage, ob die Oberfläche des Flügels schon im Rohbau die gewünschte Qualität zeigte. Eine Welligkeit ließ sich kaum erkennen. Eine Oberflächengenauigkeit von unter 0,05 mm erzielte man beim Standard Austria-Prototyp und dies mit einem relativ geringen Schleif-,Zeit- und Kostenaufwand.

Der Rumpf in Sperrholz-Schalenbauweise weist elliptische Querschnitte auf. Das Rumpfgerüst mit Längsstringern und Spanten wird hinter dem Cockpit ab dem Hauptspant bis zum Heck mit 2,5-mm-Sperrholz beplankt. Das Heckteil im Bereich des V-Leitwerk-Rumpf anschlusses wurde als Polyester-Bauteil ausgelegt. Der komplette Rumpfbug ist ebenfalls in Glasfaserkunststoff-Bauweise ausgelegt. Dieses in Negativformen hergesteilte GFK-Bauteil ist jedoch nicht völlig selbsttragend, sondern wird auf den Unterbau aus Spanten aufgeleimt. Der Vorderrumpf mit der Polyester-Schale konnte aerodynamisch sauberer und für den Serienbau auch günstiger gestaltet werden, als etwa eine vergleichbare Sperrholzschale. Und im Bezug auf die Sicherheit hat das GFK-Formteil erhebliche Vorteile im vergleich zu einer Sperrholzbauweise, die Bruchwiederstandsfähigkeit ist etwa 10 bis 12 mal höher.

Das geräumige Cockpit bietet dem Piloten eine halbliegende Stellung. Aus Gründen der Bequemlichkeit wurde bewusst keine extreme Liegestellung gewählt obwohl damit ein niedriger, widerstandsärmerer Rumpf hätte konstruiert werden können. Die große geblasene Plexiglas-Kabinenhaube wurde elegant in den Rumpfstrak eingefügt und ist als Steckhaube ausgelegt, lässt sich also komplett abnehmen.

Das nicht einziehbare Fahrwerk besteht aus einem großen bremsbaren Rad mit einem Durchmesser von 580 mm. Ein Vollgummi-Spornrad am Heck schützt das Rumpfhinterteil; später wurde es durch einen Sporn ersetzt.

Beim Leitwerk entschied sich Konstrukteur Rudiger Kunz für ein V-Leitwerk, ausgelegt als Pendelruder mit Trimmklappen. Leitwerke in V-Leitwerks Auslegung weisen weniger Luftwiderstand auf und haben ein niedrigeres Baugewicht als herkömmliche Leitwerke. Besonders in den 1960er-Jahren waren solche Leitwerke sehr modern. Beim Standard Austria-Protütyp war das Leitwerk nach Jet Art stark gepfeilt. und sah sehr interessant aus. Um den Bau zu vereinfachen, erhielt jedoch schon das zwelte Muster ein ungepfeiltes Leitwerk. Der Aufbau erfolgte in herkömlicher Holzbauweise mit beplankter, drehsteifer Rudernase – ansonsten Stoffbespannung. Das Leitwerksprofil stammt aus dem NACA-Profilkatalog, es handelt sich um das symmetrische NACA 641-012. Je ein tropfenförmiqes Gewicht vor der Nasenleiste, in Höhe des Randbogens, sorgt für einen Ruder-Gewichtsausgleich.

Einschließlich des Prototypen wurden in Österreich 14 Exemplare der Standard Austria gebaut. Ab Oktober 1961 begann die Lizenzproduktion in Deutschland bei der Firma Schempp-Hirth. Im Juni des Iahres 1962 konnte die erste Maschine aus der Lizenzproduktion auf der Hahnweide bei Kirchheim/Teck zum Erstflug starten. Damit begann die erfolgreiche Geschichte der Flrma Schempp-Hirth, heute weltweit einer der größten Hersteller von Segelflugzeugen.

 

Lebenslauf

 

Allgemeine / Technische Daten

Entwickler: …………………. Ing. Rüdiger Kunz / ÖAeC
Hersteller: ………………….. ÖAeC Zentralwerkstatt / Schempp-Hirth
Erstflug: …………………….. 1959
Gebaute Stückzahl: …….. 15 – ÖAeC Zentralwerkstatt
67 – Schempp-Hirth Ag.
Rumpfkonstruktion: …… Holz (Nase + Heck GFK)
Flächenkonstruktion: …. Holz (Randbogen GFK)
Modell: ………………………. Standard Austria / W-Nr. 13      
Baujahr: ………………………. 1962
Verwendungszweck: …….. Leistungssegelflug
Anzahl d. Sitze: ……………. 1
Flugstunden/Landungen:  
Stationiert: …………………. Flugplatz Wien-LOAV

Abmessungen:

Spannweite: …….…………..…….… 15 m
Rumpflänge: ……………….…….…. 6,3 m
Rumpfhöhe über Fahrwerk: …… 1,02 m
Höhe gesamt in Fluglage: ………. 1,73 m
Rumpfbreite: ………………………… 0,61 m
V-Stellung an der Profilsehne: …
Wurzeltiefe: ………………………….. 1,18 m
Tiefe außen: ………………………….. 0.62 m
Flügelprofil: …………………………. NACA 652-415
Tragflügelfläche: ………………….. 13,5 m       
Flügelstreckung: ………………….. 16,7
Flächenbelastung: ………………… 23,9 kg/m2
Spannweite Leitwerk: …………… 2,8 m
Leitwerkprofil: ……………………… NACA 641-012

Massen & Mengen:

Leergewicht: …………………… 205 kg
Maximale Zuladung: ……….. 118 kg
Maximales Startgewicht: …. 323 kg

Flugleistungen:

Bester Gleitwinkel: ………………….…  1 : 34 @ 105 km/h
Bestes Sinken: ……………………….….. 0.7 m/s @ 70 km/h
Geringste Fluggeschwindigkeit: ….. 55 km/h
Maximale Fluggeschwindigkeit
      (bei Turbulenz): ……………………
140 km/h
Maximale Fluggeschwindigkeit: … 250 km/h

 

 

 

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